Von Wolfgang Nagorske

Vor vierzig Jahren schrieb die Handball-Nationalmannschaft der DDR Geschichte, als sie während der Olympischen Spiele in Moskau im Endspiel gegen die Sowjetunion, den haushohen Favoriten mit 23:22 nach Verlängerung besiegte. Doch die Helden von damals fühlen sich in der Würdigung ihrer Leistung vernachlässigt. Zwei Jahre zuvor wurde die Bundesrepublik Weltmeister. Ebenfalls in einem berauschenden Endspiel gegen die Sowjetunion. Aus dieser Mannschaft schafften es drei Spieler in die Hall of Fame, die Ruhmeshalle des deutschen Sports: Joachim Deckarm, Heiner Brand und Erhard Wunderlich. Von den Handball-Olympiasiegern aus der DDR fand bisher kein einziger diesen  Zugang: Kein Frank-Michael Wahl, kein Lothar Döring und auch nicht der Weltklasse-Torwart Wieland Schmidt. Sicher, die Spiele 1980 waren vom Boykott vieler westlicher Staaten geprägt, wegen des Einmarsches der Sowjetunion in Afghanistan. Doch kann man Sportler für politische Entscheidungen in der Zeit des kalten Krieges gewissermaßen mit verantwortlich machen? Überhaupt, in der Ruhmeshalle des deutschen Sports finden sich unter 136 Sportlern, Trainern und Funktionäre nur ganze 19 Athleten, die ihre Heimat in der DDR hatten. Dem Erfolg des DDR-Sports haftet der Geruch des Doppings an. Aber Doping war ja keine Erfindung der DDR. Gedopt wurde weltweit. Don Schollander, der Goldhai von Santa Clara, sagte einmal, ohne unterstützende medizinische Mittel hätten die US-Schwimmer in den 1960er und 70ger Jahren den anderen niemals davon schimmen können. Der Verdacht, dass bei der Auswahl der Athleten für die Ruhmeshalle nicht nur sportliche Kriterien, sondern auch politische Erwägungen eine Rolle spielen, schwingt immer mit. In einem Fall wird es auch offen ausgesprochen. Dem immer noch populärsten Sportler der DDR, der zweifache Radsportweltmeister und Gewinner der internationalen Friedensfahrt Gustav Adolf Schur, wurde die Aufnahme mit der Begründung verweigert, dass er für die Linke in den Bundestag gewählt wurde. Täve, wie ihn jung und alt nennen, wird in diesem Jahr 90 Jahre alt. Wäre das nicht ein Grund, mit einem politischen Tabu zu brechen?


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