Von Wolfgang Nagorske

 

Noch nie zuvor standen zwei argentinische Teams im Finale der Copa Libertadores, der südamerikanischen Variante der europäischen Champions League im Fußball. Doch in diesem Jahr nahm der Ball diesen Lauf. Kein Team aus Brasilien, Uruguay oder Chile erreichte das Finale, sondern die Erzrivalen aus Buenos Aires: Boca Juniors und River Plate. Bislang gewannen die Boca Juniors sechs Mal den Titel, River Plate war bereits drei Mal südamerikanischer Clubmeister. Doch jetzt standen beide im Finale. Boca Juniors und River Plate sind nicht nur zwei rivalisierende Fußballklubs, beide Mannschaften stehen für gesellschaftliche Schichten, wie sie unterschiedlicher und konträrer nicht sein können. Die Boca Juniors haben ihre Heimstätte im Stadtteil La Boca, dem Hafenviertel der argentinischen Hauptstadt, es ist die Heimat der Arbeiter, Migranten und der Armen. Der erfolgreiche Fußballklub, in dem einst der legendäre Diego Armando Maradona stürmte, gibt den Bewohnern das Gefühl von Anerkennung und Achtung, die ihnen im Alltagsleben versagt bleiben. Ganz anders der Klub River Plate, einst auch in La Boca gegründet, wechselte schon bald in den vornehmen Stadtteil Belgrano. Teure Spielertransfers bereits in 1930ger Jahren brachten dem Team schnell das Etikett der Millionarios ein. Auch hier spielten glanzvolle Fußballer, wie die Weltmeister Daniel Passarella, Mario Kempes oder der unvergessene Omar Sivori. Gegen diese stimmungsgeladenen und selten gewaltfreien Derbys hat das Zusammentreffen zwischen Schalke und Dortmund im deutschen Ruhrpott eher den Charakter eines Kaffekränzchens. Und nun ging es nicht nur um den Titel des argentinischen Meisters, sondern um die Fußballkrone Südamerikas. Das Hinspiel in La Boca endete 2:2, zum Rückspiel bei River Plate kam es nicht. Fans von River Plate stürmten bei der Anreise den Spielerbus von Boca Juniors und verletzten etliche Spieler. Der südamerikanische Verband verlegte das zweite Spiel kurzerhand in das 10 000 Kilometer entfernte Madrid. Der Aufschrei in ganz Südamerika war groß. Wie kann man denn die „Copa Libertadores“, den „Cup der Befreier“, in die Hauptstadt der spanischen Eroberer verlegen. Klagen vor den Gerichten hatten keinen Erfolg. Fußball gespielt wurde dann doch. River Plate gewann mit 3:1 nach Verlängerung gegen zehn Boca-Spieler, diese verloren einen der ihren zu Beginn der Verlängerung nach grobem Foulspiel.


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