Von Wolfgang Nagorske

 

In seiner Geburtsstadt Trier wird der 200. Geburtstag von Karl Marx ein ganzes Jahr gefeiert. Und nicht nur dort. Er wird gefeiert, verehrt und natürlich auch gescholten. Wie kann man ihn auch verehren und feiern, wenn doch alle Staaten, die seine Theorie in die Praxis überführen wollten, kläglich gescheitert sind. Das ist freilich ein schwerwiegendes Argument, doch genauer betrachtet, kann es Marx nicht vom Sockel stürzen. Die sozialistischen Führer, die sich als selbsternannte Marxisten feiern ließen, haben von Marx so viel verstanden, wie ein Atheist von der christlichen Religion. Von Erich Honecker muss bezweifelt werden, dass er auch nur eine Zeile von Marx gelesen, geschweige denn verstanden hat. Dafür waren die Bildungs-Voraussetzungen einfach nicht gegeben. Und Stalin, der große Führer des Weltkommunismus, machte im Privatleben gar kein Hehl daraus, was er von Marx hielt, nämlich gar nichts. Jeder kommunistische Staatenlenker legte sich seinen Marx zurecht und ignorierte elementare Aussagen des Philosophen. In einem Brief an seinen Freund Friedrich Engels schrieb er im goethischen Sinne, das an allem Bestehenden gezweifelt werden müsse, nur so sei ein Fortschreiten im Denken möglich. Dieses Zitat war in der DDR nicht zu hören. Das hätte ja Zweifel am ach so fest zementierten real existierenden Sozialismus auslösen können. Im deutschen Westen wurde der größte Sohn Triers in Isolationshaft genommen, ganz im Gegenteil zu Frankreich, Spanien und Italien, wo ein nahezu entspanntes Verhältnis zu dem großen Philosophen herrschte. Wann denn der Kapitalismus am Ende sei, wurde Marx einmal gefragt. Seine Antwort: Wenn er nicht mehr in der Lage sei, sich neuen Entwicklungen anzupassen. Auch nach über 150 Jahren hat diese Aussage des großen deutschen Denkers an Gültigkeit nichts verloren.


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