Von Wolfgang Nagorske

 

Die Frage ist nicht neu. Sie bewegte die Nation bereits vor einigen Jahren, als der damalige Bundespräsident Christian Wulff in seiner Rede zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit folgenden Satz sagte: "Das Christentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das Judentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das ist unsere christlich-jüdische Geschichte. Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland." Dieser präsidiale Satz blieb nicht unwidersprochen und entzündete sich vor allem an die nicht vergleichbaren Zeitschienen der prägenden Elemente der deutschen Kultur. Christentum und Judentum prägen nahezu seit 2 000 Jahren das Leben der Deutschen. Die erste Moschee wurde 1924 in Berlin-Wilmersdorf gebaut. Im ersten Weltkrieg waren die Völker des Osmanischen Reiches Verbündete des deutschen Kaiserreiches. Aber erst nach 1960 setzte eine verstärkte Einwanderung von Muslimen, vor allem aus der Türkei nach Deutschland ein. Sie kamen als Arbeitskräfte in das Wirtschaftswunderland und der größte Teil kehrte nicht wieder in seine Heimat zurück.

Zweifellos gehören die inzwischen vier Millionen Muslime zu Deutschland, doch sie sind keinesfalls ein prägender Teil der sich über Jahrhunderte entwickelnden deutschen Kultur. Zu Deutschland gehören auch rund 700 000 Polen und 600 000 Italiener, die seit mehreren Generationen hier leben. Und natürlich gehören die nationalen Minderheiten der Friesen, Sorben und Dänen dazu, wie die integrierten Sinti und Roma. Insofern ist die erneut entbrannte Diskussion, wer denn nun zu Deutschland gehört, eine Scheindebatte. Der neue deutsche Innenminister, Horst Seehofer, hat recht, wenn er sich auf die geschichtsprägenden Traditionen beruft. Vielleicht lässt sich dem Streit die Sprengkraft nehmen, wenn man sich darauf einigt: Im Rahmen unserer wirtschaftlichen und territorialen Möglichkeiten ist uns jeder willkommen, der die in Deutschland geltenden Lebensnormen respektiert und anerkennt. Und was die Religion anbetrifft berufen sich die toleranten Preußen gern auf den Alten Fritz: „Hier muss ein jeder nach seiner Fasson selig werden.“


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