Hoffnung für Görlitz?

Von Wolfgang Nagorske

 

Vor dem Jahreswechsel schlug es in der nicht nur architektonisch wieder aufgeblühten Stadt an der Neiße ein wie ein Bombe. Der Siemens-Konzern teilte mit, dass er sich von seiner Kraftwerkssparte trennen will. Dieser eine Satz bedeutet den Verlust von 700 Arbeitsplätzen in Görlitz, denn das Turbinenwerk in Görlitz soll komplett geschlossen werden. Eine Protestwelle von Siemens-Mitarbeitern erreichte die Münchner Konzernzentrale, denn auch Werke in Erfurt, Leipzig und Berlin sind von den Streichungsplänen des Konzerns betroffen. Auch Berlin, wo Mitte des 19. Jahrhunderts der begnadete Ingenieur Werner von Siemens den ersten Elektromotor mit wirtschaftlich nutzbarer Leistung baute. Diese Erfindung bildete den Grundstein für die Siemens-Werke, die in der Folge das Ausmaß eines Stadtteils annahmen. Werner von Siemens entwickelte nicht nur immer wieder neue technische Lösungen, sondern führte seine Werke auch mit sozialer Hand. Ich bin nur der Erfinder, sagte er einmal, bauen müssen unsere Motoren fähige Arbeiter. Und wenn in weniger guten Zeiten dunkle Wolken aufziehen, waren Entlassungen für ihn keine Lösung. „Für den augenblicklichen Gewinn verkaufe ich die Zukunft nicht“, hieß seine Antwort. Das sich auf der jüngsten Hauptversammlung des Konzerns ausgerechnet der Vorstandvorsitzende Jo Kaeser an diesen Satz des Gründervaters erinnerte, mochte wie Hohn klingen. Kaeser blies nicht nur der Wind der Beschäftigten ins Gesicht, auch zahlreiche Aktionäre und Investoren stellten den Chef in das Feuer der Kritik. Und dann plötzlich die Wende. Der Siemens-Chef entwarf einen Silberstreifen der Hoffnung über Görlitz. Er könne sich eine Lösung für das Görlitzer Werk unter Einbeziehung des Bundes und des Landes Sachsen vorstellen. Ein Industriekomplex Oberlausitz, in den auch andere Unternehmen und Neuansiedlungen integriert werden, könnte eine Lösung sein und das Görlitzer Werk mit mehr Eigenständigkeit retten. Freilich, ein Vorschlag nur. Aber immerhin. Er sollte gründlich geprüft und nicht vorschnell als Ablenkungsmanöver vom Tisch gewedelt werden.


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