Salvarsi la poltrona

Von Karl Klauss

 

In Deutschland löste der Wechsel einer Grünen-Abgeordneten im niedersächsischen Landtag zur CDU einen ziemlichen Wirbel aus. Da die Regierungskoalition aus SPD und Grünen nur über eine Stimme Mehrheit verfügte, gibt es nun Neuwahlen. Gerüchte gab und gibt es viele. Die Stimme sei gekauft worden, um die Regierung zu stürzen. Die Abtrünnige sei aus der Affäre bestimmt nicht mit leeren Händen heraus gegangen. Und ja, sie hatte bei den Grünen keine Chance mehr und wollte sich nun in der CDU ihren Sessel retten.

Was in Deutschland einen Sturm der Entrüstung auslöst, ist im italienischen Parlament gang und gäbe. Es gibt Abgeordnete, die wechseln in einer Legislaturperiode zwischen den Parteien schon mehrmals hin und her. Spitzenreiter ist ein Abgeordneter, der elfmal die Partei wechselte. Natürlich immer aus Gewissensgründen. „Meine Partei erkenne ich nicht mehr wieder“, heißt es dann. Nun wird in Italien den gewählten Volksvertretern das wechseln aber auch erleichtert, da Parteien sich während einer Wahlperiode auflösen und in Splitterparteien verfallen. Bei der letzten Wahl zogen vier Parteien in das römische Parlament, heute gehören dem Parlament 18 Parteien und Gruppierungen an. Das Verständnis von Demokratie ist halt in Europa unterschiedlich. Die Beurteilung der Wähler indes fällt ähnlich aus. In Italien heißt es: Salvarsi la poltrona. Die Politiker wollen doch nur ihren Sessel retten.


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