ARD und ZDF blicken in den Abgrund

Von Wolfgang Nagorske

Bereits vor über einem Jahr erschien an dieser Stelle ein Kommentar mit der Überschrift „ARD und ZDF wackeln“. Es war die Zeit als den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten beliebte Mitarbeiter davon liefen. Das Tagesschau-Urgestein Jan Hofer nahm seinen Hut und heuerte ebenso wie die Tagesthemen-Moderatorin Pinar Atalay beim Kölner Sender RTL an. Die beliebte Tagesschau-Sprecherin Linda Zervakis und der bekannte Sportreporter Matthias Opdenhövel sind beim Sender ProSieben zu erleben. Allein die Intendanten scheinen diese Fluchtbewegungen nicht ernst genommen zu haben und sehen heute in den von ihnen verursachten Abgrund. Die Schlesinger-Affäre beim RBB erweist sich nur als die Spitze des Korruptionsberges inmitten der ARD- und ZDF-Landschaft. Eine nicht für möglich gehaltene Verflechtung von Senderspitzen mit den zuständigen Aufsichtsbehörden ermöglichte eine Schmiere, die geradewegs in die Selbstherrlichkeit führt: Wir hier oben und ihr Hörer und Zuschauer da unten. Das schlimme an der Sache ist, niemand von den Verantwortlichen ist gewillt das Steuer herum zu reißen. Sie haben es noch nicht mal in der Hand. Der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow spricht von notwendigen Reformen und legt darauf wert, seine Vorschläge als Privatmann gesagt zu haben. Unfassbar. Dabei geht es längst nicht mehr um Reförmchen, sondern um einen radikalen Umbruch, während man in der ARD darüber debattiert, ob der Tagesschau-Sprecher eine Krawatte tragen muss oder nicht. "Ich ertrage diese Systemerhaltungsreflexe nicht mehr", sagt der Moderator Jan Böhmermann. Vielleicht sollten die Verantwortlichen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht immer wieder nach Gebührenerhöhungen rufen, sondern sich den Staub ihrer erfolgreichen Jahre von den Schultern schütteln und sich endlich den aktuellen Themen der Zeit zu stellen. Bevor es zu spät ist.


Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.