Aufatmen in Paris

Von Wolfgang Nagorske

Der Schrecken saß tief nach dem Ersten Wahlgang bei den französischen Präsidentschaftswahlen. Der amtierende Präsident Emmanuel Macron sah sich nicht nur wie erwartet von der rechten Kandidatin Marine Le Pen attackiert, sondern auch der Kandidat der Linken, Jean-Luc Melenchon kam den beiden Favoriten sehr nahe. Der Abstand zwischen dem Präsidenten der Mitte und den beiden extremen Politikrichtungen hat sich in den vergangenen fünf Jahren stark verringert. Die Umfragen vor dem entscheidenden Zweiten Wahlgang sahen ein enges Rennen zwischen Macron und Le Pen. Umso hörbarer das Aufatmen im Präsidentenlager nach den ersten Hochrechnungen. Doch nicht nur in Paris waren die Seufzer zu vernehmen, auch in den EU-Staaten wich die Angespanntheit einem „ Es ist ja noch mal gut gegangen.“ Die Befürchtung bleibt mit der Frage „Wie lange wird es noch gut gehen“ bestehen. Der alte und neue Präsident fand nach seinem Sieg ehrliche Worte. „Ich weiß, viele haben mich nur gewählt, weil sie Le Pen verhindern wollten.“ Und er ging noch einen Schritt weiter als er sagte, auf die Wut der Wähler an den bestehenden Zuständen und ihre anderen, mitunter extremen Meinungen, müssen Antworten gefunden werden. Macron hatte sich während seiner ersten Amtszeit vom Alltagsleben der so genannten normalen Franzosen weit entfernt, während seine Kontrahentin Le Pen im Wahlkampf und nicht nur hier, die Nähe der Menschen suchte. Sie hörte ihnen zu und fühlte sich in vielen Feldern bestätigt. Die ungelösten Probleme der Migration und der Integration der Einwanderer haben Frankreich tief gespalten. Ihre radikalen Antworten sind aber auch ein Grund für den tiefen Graben. Wenn es Emmanuel Macron in seiner zweiten Amtszeit nicht gelingt, den Riss durch die Gesellschaft zu mildern, schaut Frankreich stürmischen Zeiten entgegen. Eine dritte Chance für ihn gibt es nicht.


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