Diplomatie braucht Geschichte

Von Wolfgang Nagorske

In Osteuropa, zwischen Russland und der Ukraine, ist eine explosive Mischung aus gegenseitigen Vorwürfen, ethnischen Konflikten, vor allem aber aus divergierenden Interessen entstanden. Die Lage ist so aufgeheizt, dass auch ein offener militärischer Konflikt nicht ausgeschlossen werden kann. Das ist die Stunde der Diplomaten. Das Problem ist nur, dass gegenwärtig nur wenige Politiker zu finden sind, die auch gute Diplomaten sind. Der Präsident der USA, Joe Biden, zeigt nahezu täglich, dass er das Zeug zu einem Diplomaten nicht annähernd besitzt. Frankreichs Präsident Macron verbreitet nach einem Treffen mit Russlands Präsident Putin vorschnell, offenbar nicht gemeinsam abgestimmte, Schritte aus der Krise. Die EU ist wieder mal handlungsunfähig. Da bleibt nur der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz als möglicher Retter. Der bisher eher blasse Kanzler zeigte bei seinem jüngsten Besuch in Washington durchaus Courage. Zumindest stellten das auch die Deutschland-kritischen Medien in den Vereinigten Staaten fest. Ähnliches erwartet man nun von ihm auch nach seinen Besuchen in Kiew und Moskau. Die geschichtliche Verantwortung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg hat bis heute Bestand: Keine Waffen in Länder, die auf Russland gerichtet sein könnten. Es waren Bundeskanzler Willy Brandt und sein Chefunterhändler Egon Bahr, die das Eis zur damaligen Sowjetunion schmelzen ließen im Bewusstsein der tiefen Schuld Deutschlands gegenüber diesem Land. Sie wussten, die innenpolitischen Verbrechen der Stalinzeit, können die militärische Leistung der Roten Armee bei der Befreiung Europas vom Faschismus nicht schmälern. Sie brachten Moskau den Respekt entgegen, den man heute schmerzlich vermisst. Gespräche auf Augenhöhe vermitteln Verständnis für die jeweils andere Seite. Diplomaten mit geschichtlicher Kenntnis, bewirken in Zeiten wie diese mehr als lautstarke Worte oder Truppenverlegungen.


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