Braucht der Osten einen Beauftragten?

Von Wolfgang Nagorske

Deutschland hat einen neuen, so genannten Ostbeauftragten der Bundesregierung. Es ist der Thüringer SPD-Mann Carsten Schneider. Das gute daran ist die Ablösung seines Vorgängers Marco Wanderwitz, der mit skurrilen Aussagen über die Stimmung in den ostdeutschen Ländern in Ost und West nur Kopfschütteln und Gelächter auslöste. Wanderwitz hatte herausgefunden, dass die Ostdeutschen eher rechtsradikale Parteien wählen und man es mit  Menschen zu tun habe, die teilweise in einer Form diktatursozialisiert sind, dass sie auch nach dreißig Jahren nicht in der Demokratie angekommen sind. Auch außenpolitisch machte er schon bemerkenswerte Vorschläge. So schlug er Griechenland vor, doch einige Inseln zu privatisieren, damit sie ihre Schulden bezahlen können. Ein Witz, dieser Wanderwitz. Unabhängig davon, dass Carsten Schneider aus einem anderen Holz geschnitzt ist, bleibt dennoch die Frage, ob Deutschland nach über dreißig Jahren Wiedervereinigung noch einen Beauftragten für den Osten braucht? Spaßvögel sagen auch Aufpasser. Die Fehlentscheidungen zu Beginn des Einheitsprozesses führten zu Fehlentwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft, die nicht mehr zu korrigieren sind. Die noch vor der Wiedervereinigung eingeführte D-Mark leitete den vollständigen Zusammenbruch der im Verhältnis zur Wirtschaft im Westen schwachen industriellen Basis im Osten ein, weil die Märkte in Osteuropa über Nacht wegfielen. Es setzte eine Wanderung von Ost nach West ein, denn im Westen waren die Arbeitsplätze. Diese Abwanderung von drei Millionen Menschen im besten Alter ließ den Osten ausbluten. Bis heute leitet kein einziger Ostdeutscher einen Konzern, nur einer Universität steht eine Ostdeutsche vor. Eine Antwort gibt der Darmstädter Historiker Christian Meier. Mit der Übertragung der westlichen Ordnung auf den Osten, verband sich die Übernahme sehr vieler, vor allem führender Positionen durch westliche Kräfte. Rundfunk, Fernsehen, Presse wurden übernommen. Die DDR-Bürger hatten zwar das Regime besiegt, aber auf das Siegerpodium stiegen die Westdeutschen. Um das zu verändern, braucht es keinen Beauftragten.


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