Eine Puppe namens Mohrchen

Von Wolfgang Nagorske

Im allgemeinen Gebrauch der deutschen Sprache gilt es gegenwärtig nicht nur auf die Melodie der Betonung zu achten. Zunehmend sollte man bei der Verwendung von bestimmten Worten und Wortgruppen höchst aufmerksam sein. Schnell kommt man in den Verdacht, ein Rassist zu sein. Besondere Alarmstufe ist bei der Verwendung der Farbe schwarz gegeben. Das war in früheren Jahren noch anders. Als der 17-jährige Edson Arantes do Nascimento, genannt Pele, bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1958 in Schweden mit Brasilien Weltmeister wurde, schwärmten die Berichterstatter mit Schlagzeilen wie „Die schwarze Perle aus Santos“. Heute undenkbar. Eine irgendwie unsichtbare Zensur in der gegenwärtigen Medienlandschaft, wüsste das zu verhindern. Als der 18-jährige Boxer Cassius Clay aus den USA bei den olympischen Spielen in Rom die Goldmedaille gewann, staunte die Boxwelt über den „Schwarzen Bomber aus Kentucky“ und bejubelte seine Auftritte im Boxring. Er wurde 1999 vom Internationalen Olympischen Komitee zum Sportler des Jahrhunderts gewält. Ja, waren wir damals alle Rassisten? Aus Sicht der heutigen Rassismusforscher mit Sicherheit. Diese haben nun ein weiteres Feld ihrer Forschung entdeckt und fragen „Wie rassistisch ist unser Spielzeug?“ Sie stuften eine dunkelhäutige, nur mit einem Lendenschurz bekleidete Puppe als rassistisches Klischee ein. Eine andere, ja, auch dunkelhäutige Puppe, hatte ein buntes Kleidchen an und eine Schleife im Haar. Sie bestand die Kontrolle. Als meine Tochter noch mit Puppen spielte, hatte sie auch eine, ja, ich habe jetzt den Mut zu sagen, eine süße, schwarze Puppe. Sie nannte sie damals  „Mein süßes Mohrchen“. Übrigens, es war ihre Lieblingspuppe.