Sind wir ein Volk von Impfgegnern?

Von Wolfgang Nagorske

Zu diesem Schluss könnte man kommen, wer in diesen Tagen Zeitungen und Wochenblätter aufschlägt. Auf ganzen Seiten zeigen bekannte Personen, wie Nachrichtensprecher, Sportler und Schauspieler ihren sichtbar vom Bekleidungsstück befreiten Oberarm. Darauf ein schmales Pflaster. Was heißt: Ich bin geimpft. Eingeklinkt dann noch der Text: „Damit es endlich wieder gute Nachrichten gibt. Ärmel hoch für die Impfung.“ Diese Anzeige suggeriert, wer nicht zum Impfen geht, verhindert gute Nachrichten. Das tut schon weh. Die Realität ist eine andere. Die Deutschen telefonieren sich die Finger wund, um einen Impftermin zu bekommen. Dabei verkündete die Bundeskanzlerin noch vor einigen Wochen, jeder wird ein Impfangebot erhalten. Erhalten lässt sich interpretieren: per Post, per Mail oder über einen Anruf. Die Hausärzte sind erfreut und entsetzt zugleich. Erfreut darüber, dass man endlich auch ihnen zutraut, vom Impfen etwas zu verstehen. Entsetzt darüber, dass sie den Impfstoff nur Tröpfchenweise zugeteilt bekommen. Zur Wirklichkeit gehört auch, dass man meilenweit vom Wohnort entfernt einen Termin bekommt, obwohl es am eigenen Wohnort auch ein Impfzentrum und natürlich auch Hausärzte gibt, aber hier zuwenig Impfstoff und nicht selten gar keinen. Nein, und nochmals nein, die Deutschen sind vielleicht Impfmuffel aber keine Impfgegner. Diese Anzeigenkampagne ist die Fortsetzung des Impfchaos und verhöhnt die Wirklichkeit. Sie käme der Wahrheit näher, wenn jene bekannten Personen sagen würden: „Mein Oberarm ist frei. Wo bleibt der Impfstoff?“


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