Polen und Ungarn sagen Nein

Von Wolfgang Nagorske

Europa blockiert sich wieder einmal selbst. Die in einem langwierigen Verhandlungsmarathon über mehrere Monate erreichte Einigung der EU-Staaten zu den Corona-Wiederaufbauhilfen und einen langfristigen EU-Haushalt sind Makulatur. Polen und Ungarn verweigern diesem Mammutwerk ihre Zustimmung. Damit können die so dringend von den Mitgliedstaaten erwarteten Milliarden Euro nicht ausgezahlt werden. Es ist nun weiß Gott nicht so, dass die beiden mitteleuropäischen Länder auf die von Brüssel auch für sie bereit gestellten Gelder leichtfertig verzichten können. Die Volkswirtschaften Polens und Ungarns rangieren nun nicht gerade an der Spitze im europäischen Ranking. Die beiden Staaten fühlen sich in ihrer Souveränität verletzt, durch ein neues Verfahren der EU zur Ahndung von Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit in ihren Ländern. In der mitunter recht seltsamen Europäischen Gemeinschaft setzt man sich in einem solchen Konflikt nicht etwa zusammen, um gemeinsam eine Lösung zu finden, nein es heißt: Wie du mir, so ich dir. Polen und Ungarn pokern hoch. Die Geduld nicht weniger Staaten  der EU mit den beiden Ländern ist ohnehin schon angespannt und sie benötigen dringend die bereit gestellten Gelder. Besonders die von der Corona-Pandemie sehr stark betroffenen Länder Italien und Spanien stehen vor einem wirtschaftlichen Abgrund. Die Blicke auf Warschau und Budapest werden seit gestern nicht freundlicher ausfallen. Europa steht wieder einmal vor einer Zerreißprobe. Es zeigt sich erneut, dass die 27 Staaten keine Vereinigten Staaten von Europa werden können, ja, vermutlich nicht einmal ein loser Staatenbund, weil sie nicht mit einer Stimme sprechen. Die divergierenden Interessen von 27 Staaten unter einen Hut zu bringen erweist sich als unmöglich, zumal eine einzige Gegenstimme ausreicht um ein jegliches Vorhaben zu Fall zu bringen. Die Gemeinschaft läuft Gefahr, zu zerbrechen.