Beben und Nachbeben

Von Wolfgang Nagorske

 

Das politische Bebenzentrum in Deutschland liegt gegenwärtig in Thüringen. Schon der Ausgang der Wahlen zum Thüringer Landtag vom Oktober des vergangenen Jahres offerierte eine schwierige Regierungsbildung. Die regierende Linkspartei legte weiter zu und kam auf 31 Prozent der Stimmen. Da aber die mitregierenden Parteien SPD und Grüne Stimmen verloren, reichte es nicht mehr zur Mehrheit. Da Sondierungen mit der CDU und der FDP scheiterten, konnte auch keine Minderheitsregierung gebildet werden. Das war die Stunde der Intriganten und Scharlatane. Aus der CDU hieß es, man könne die Linkspartei nicht in die Regierungsverantwortung bringen, weil sie die Wahl verloren habe. Diese Einschätzung verwundert, bei einem Verlust von rund 12 Prozent der Wählerstimmen in den Reihen der Christdemokraten. Dann kam das Meisterstück der AfD. Das politische Berlin brauchte nahezu 12 Stunden um ihr eigenes Debakel zu erkennen und noch einmal soviel Zeit, um zurück zu rudern. CDU und FDP hatten sich in den Fesseln ihres eigenen Demokratieverständnisses verfangen. Das Nachbeben droht die CDU zu zerreißen. Mit dem Rücktritt der Parteivorsitzenden, der es nicht gelang die Thüringer Christdemokraten auf Merkel-Linie zu bringen, wird es nicht getan sein. Aber was ist das auch für ein Demokratieverständnis, das den Wählern der beiden stärksten Parteien in Thüringen unterstellt, sie haben sich nicht im demokratischen Sinne verhalten. Nach Auffassung der CDU gibt es gute Wähler und böse Wähler und die Mehrheit der Thüringer sind nach den Wahlergebnissen böse Wähler. Dieses Denkschema gehört in das vergangene Jahrhundert oder es muss eine neue Definition von Demokratie her. Die deutsche Übersetzung des griechischen Demos kratos heißt Volksherrschaft. Wer etwas anderes möchte, der sollte aufhören von Demokratie zu reden.


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