Özil geht

Von Wolfgang Nagorske

 

Nach dem desaströsen Auftritt der Nationalmannschaft bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland blieb es verhältnismäßig ruhig, auch dann noch als der Bundestrainer und der Sportdirektor ihr Festhalten an ihren Positionen verkündeten. Löw und Bierhoff haben nicht auf dem Rasen versagt, sie allein tragen aber die Verantwortung für das klägliche Scheitern des Titelverteidigers. Die Ruhe um den DFB wurde leicht gestört, als der sächsische Fußball-Präsident unliebsame Fragen an die Spitze des Deutschen Fußballbundes richtete. Zu diesen Fragen gab es keine Stellungnahme des DFB, sondern einen Maulkorberlass an alle anderen Landesverbände, doch bitte Ruhe zu bewahren bis die Analyse des WM-Versagens vollständig auf dem Tisch liegt. Dieses zaghafte Klopfen aus Sachsen verstummte jäh, als ein Spieler aus der Mannschaft seinen Rücktritt aus dem Team erklärte. Nicht irgendein Spieler, sondern Mesut Özil. Der filigrane Mittelfeldspieler hatte bereits schon vor dem WM-Turnier für Aufsehen gesorgt, als er sich gemeinsam mit seinem Teamkameraden Ilkay Gündogan auf einem Foto mit dem in Deutschland umstrittenen türkischen Präsidenten Erdogan zeigte. Damit war der Fußball im schweren Wasser der Politik gelandet. Wütende Proteste der Fans gegen die Nationalspieler mit türkischen Wurzeln, Beschwichtigungsformeln von Trainer und Sportdirektor. Vor der WM brauche man Ruhe. Gerade das erwies sich als trügerisch, da sich auch andere Nationalspieler von Özil und Gündogan brüskiert fühlten. Währen sich Gündogan bei den Fans für sein Verhalten entschuldigte, hüllte sich Özil in beharrliches Schweigen. Nun der Rücktritt nicht in aller Stille, sondern mit einem schweren Foul gegen den DFB-Präsidenten Reinhard Grindel, den er in die Nähe des Rassismus stellte. Man kann Grindel Vieles vorwerfen, auch sein amateurhaftes Verhalten, aber ein Rassist ist er nun wahrlich nicht. Özil ist in Deutschland geboren und aufgewachsen, hat bei Schalke das Fußballspielen gelernt. Wenn die jetzt geäußerten Vorwürfe tatsächlich seine Gedankenwelt wiederspiegeln, dann ist es richtig, dass er nicht mehr für Deutschland spielt. Integration ist auch unter Fußballmillionären nicht einfach.


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