Verschwundene Schlösser

Der Adel und seine Schlösser
Zur Neuerscheinung des Buches "Verschwundene Schlösser"
von Hans-Jürgen Berg im Regionen Verlag

Die alten Mauern sind vielerorts noch zu sehen. Mitunter versuchen Gestrüpp und Gräser, wild wachsende Hecken und Bäume ihren Anblick zu verdecken. Diese im Laufe von Jahrhunderten verfallenen Mauern sind noch die sichtbaren Zeichen von Burgen und Schlössern, die einst das Leben und den Alltag der in ihrem Umfeld lebenden Menschen prägten.

Sie entstanden einst als sichtbares Zeichen für angesammelten Reichtum des Adels schon beginnend im Mittelalter. In einer Zeit also, die auch heute noch viele Fragen aufwirft, wie es möglich war ohne den heutigen technischen Gegebenheiten solche bewundernswerten Bauten zu errichten. 

Viele dieser Schlösser haben die Stürme der Zeit überlebt. Andere sind ein Opfer kriegerischer Zerstörung geworden oder versanken in lodernden Flammen, wie die in diesem Buch beschriebenen Schlössern Jahmen, Zimpel und Kaschel in der Oberlausitz. Allein Kaschel wurde als Herrenhaus wieder aufgebaut.
Die Geschichte dieser eng verbundenen Schlösser und das Alltagsleben in ihrem Umfeld werden in den großen geschichtlichen Ablauf von gut 200 Jahren gestellt.

Es endet mit der sinnlosen Zerstörung der Schlösser Jahmen und Zimpel in den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges. Das Schloss Kaschel erlitt das Schicksal seiner Nachbarschlösser zwei Jahre später.

Deutschland ist reich an wundervollen Schlossanlagen. Aus zahlreichen Ruinen sind ehemalige Schlösser originalgetreu aufgebaut worden. Es sind keine Pyramiden wie im alten Ägypten oder der Mayas im heutigen Mexiko, die uns Jahrhunderte später Geborenen noch weit größere Rätsel aufgeben.

Und dennoch stehen wir staunend und demütig vor diesen in Stein gehauenen Zeugen der Geschichte. Dabei ist für unsere Bewunderung nicht so sehr die Größe der Prachtbauten entscheidend. Es sind die einzigartigen Baustile der verschiedenen Epochen in unterschiedlichsten Landschaften die uns faszinieren. Und deshalb gibt es auch kein Privileg für die Schlossanlagen in Potsdam, Berlin oder Dresden. Nein, es ist die Vielfalt und die immer wieder zu bestaunende Andersartigkeit der Anlagen. Das bayrische Linderhof, das holsteinische Plön oder das uckermärkische Herrenstein stehen hierfür stellvertretend.

Doch die Anzahl der in deutschen Landen in den verflossenen Jahrhunderten errichteten Schlösser ist weitaus größer. Der Freude über die Vielfalt von hunderten erhaltenen, vom Verfall geretteten und wieder aufgebauten Schlösser und Herrenhäuser steht die Trauer über den Verlust nahezu ebenso vieler prachtvollen Anwesen gegenüber, die von der Landkarte verschwunden sind.

Schlösser stehen immer mit dem Adel in Verbindung. Und damit der Jahrhundertgegensatz von arm und reich. Über die Rolle der Adelsgeschlechter wurde zu allen Zeiten gestritten. Man kann es so sagen wie Georg Büchner: „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“ Sein Zeitgenosse Ludwig Börne sah es differenzierter. „Es ist wahr, der Krieg der Armen gegen die Reichen hat begonnen, und wehe jenen Staatsmännern, die zu dumm oder zu schlecht sind zu begreifen, dass man nicht gegen die Armen, sondern gegen die Armut zu Felde ziehen müsse. Nicht gegen den Besitz, nur gegen die Vorrechte der Reichen streitet das Volk.“ Wo liegt die Wahrheit? Mit der Wahrheit ist es ein schwierig Ding. Es gibt eine Gratwanderung zwischen verschiedenen Wahrheiten. Sie setzt sich oft aus verschiedenen Teilchen zusammen und immer wenn man meint, man habe alles beisammen, dann fehlt doch noch ein Puzzle.

Die bedeutende Rolle des Adels nahm mit dem Ausgang des späten Mittelalters ab. Mit der beginnenden industriellen Entwicklung wurde der Einfluss des Adels auf gesellschaftliche Entwicklungen zurück gedrängt. Das vergangene Jahrhundert kann man nicht als eine Hoch-Zeit des Adels bezeichnen. In der Weimarer Republik wurden viele Adelsbesitze enteignet, ebenso in der Zeit des Nationalsozialismus. Nach dem zweiten Weltkrieg hieß es im Osten Deutschlands „Junkerland in Bauernhand“.

Der Adel in Deutschland verlor nicht nur an politischen Einfluss. Noch viel mehr ist der Verlust an Ansehen spürbar. Die Rolle des Adels ist gut dreihundert Jahre nach seiner Blütezeit im Tal der Bedeutungslosigkeit angekommen. Dabei haben sich auch Adelsfamilien am Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Deutschland und dem Attentat auf Hitler beteiligt. In der Wahrnehmung weiter Teile des deutschen Volkes verbinden sich mit dem Begriff Adel aber Militarismus und Junkerherrschaft.

In diesem weit verbreiteten Urteil schwingt wie so oft, und nicht nur in diesem Fall, ein gehöriges Maß an undifferenzierter Betrachtung mit. Nicht wenige Historiker und Politiker bewerten in vergangenen Jahrhunderten Geschehenes zu stark aus dem Blickwinkel der heute gültigen Moral. Zu selten wird versucht sich in die damalige Lebenswelt hinein zu versetzen. Zu selten wird ergründet, wie die Menschen damals lebten, wie lief der Alltag ab, was bereitete ihnen Freude, was machte ihnen Sorge. Und so werden Vorurteile eher verfestigt als abgebaut, weil Gut und Böse, Recht und Unrecht mit dem Auge der heutigen Sichtweise charakterisiert wird. 

In diesem Sinne war Theodor Fontane seiner Zeit voraus, als er bei seinen Wanderungen durch die Mark die Erkenntnis gewann, dass sich märkische Landjunker eher durch Haltung und nicht durch Reichtum auszeichnen. Es ist anzunehmen, dass der märkische Dichter mit seinem unbestechlichem Auge zu einem ähnlichen Urteil über den sächsischen Landadel gekommen wäre, hätte er die Zeit gefunden, auch die Oberlausitz zu durchwandern.

 Wolfgang Nagorske

Das Buch "Verschwundene Schlösser" von Hans-Jürgen Berg aus dem Regionen Verlag können Sie zum Preis von 19,90 € direkt beim Verlag bestellen. Erscheinungstermin ist der 1. Dezember 2014.

Das Buch ist in allen Buchhandlungen erhältlich ISBN: 978-3-9809400-9-2 oder über  Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! .


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