Von Wolfgang Nagorske

 

Im Spätsommer des Jahres 2015 erlebte Deutschland und die Welt eine Bundeskanzlerin, die nahezu im Alleingang von einer Stunde zur anderen fast zwei Millionen Flüchtlinge über geöffnete Grenzen in Bayern nach Deutschland holte. Andere europäische Staaten hatten es abgelehnt Flüchtlinge aus Syrien und anderen arabischen Ländern aufzunehmen. Vor allem in Ungarn entstand eine dramatische Situation. Angela Merkel handelte und nahm die in Ungarn gestrandeten Flüchtlinge auf. Zunächst wurde sie dafür bejubelt. Doch als sich zeigte, dass die Integration der Flüchtlinge in die deutsche Gesellschaft von Monat zu Monat sich komplizierter gestaltete, wandelte sich die Begrüßungskultur dramatisch. Bis heute kam von der Bundeskanzlerin kein Wort der Entschuldigung für ihren mit den Bundesländern nicht abgestimmten Schnellschuss. Bayern vor allem hatte die Hauptlast bei der Aufnahme zu leisten.

Ganz anders zeigt sich die Kanzlerin in der gegenwärtigen Corona-Krise. Obwohl Deutschland nach anfänglichen Schwächen die Epidemie bisher, gemessen an anderen europäischen Staaten, gut im Griff hat, erleben wir eine äußerst zögerliche Kanzlerin, die harten Beschränkungen für die Menschen in einem moderaten Tempo Schritt für Schritt zu lockern. Im Gegenteil. Sie rügte einzelne Bundesländer, die nach ihrer Auffassung zu forsch und nicht mit ihr abgestimmt, beschlossene Beschränkungen aufweichten. Kritiker werfen ihr vor, das Ohr näher an bremsenden Virologen zu haben, als auf verständliche Wünsche der Menschen und der Wirtschaft einzugehen. Liegt ihr Zögern in den Ereignissen von 2015 begründet als sie zu forsch handelte ? Wohl eher nicht. Es sieht nach einem politischen Kalkül aus. Sollte die Zahl der Infizierten wieder steigen, steht sie im Licht der weitsichtigen Mahnerin. Wenn nicht, was wir alle hoffen, hat sie ja auch nichts falsch gemacht.


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